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Was ist der Unterschied zwischen Mortalität und Letalität?


Innerhalb einer Population werden verschiedene epidemiologische Indikatoren abgewandt, um die Auswirkungen einer Erkrankung auf die Gesamtbevölkerung zu beschreiben. Die folgende Übersicht weist die Unterschiede zwischen den Indikatoren auf.



Indikatoren basierend auf Fallzahlen

Der Anteil an tödlichen Fällen von infizierten einer Erkrankung (CFP) wird oft verwendet, um den Schweregrad einer Erkrankung zu beschreiben. Dies kann jedoch nur angewandt werden, wenn die Gesamtzahl der infizierten Fälle bekannt ist.

Wenn es zum Vergleich der CFP einer Krankheit zwischen verschiedenen Ländern kommt, stoßen wir auf Probleme. Da verschiedene Diagnose- und Teststrategien in den Ländern angewandt werden, kann es so zu einer Überschätzung des wahren CFP-Wertes kommen. Ebenso spielt eine einheitliche Richtlinie zur Fall-Erkennung eine wichtige Rolle, da unterschiedliche Falldefinitionen zu einer unterschiedlichen Zahl an Fällen führen kann.


Beispiel:

Land A wird von einer neuen Virusmutation befallen. Wollen wir nun der Anteil der infizierten Fälle betrachten, die Aufgrund der Erkrankung gestorben sind, brauchen wir die Formel Todesfälle/Anzahl aller Fälle. Im Laufe des Monats sterben 10 erkrankte Personen von 30 gesamt-infizierten, was zu einem CFP von etwa 0,3 führen würde.

Nun möchte Land A aber wissen, ob vielleicht nicht doch einige Fälle asymptomatisch waren oder nicht entdeckt wurden, und führt eine post-mortale Testung nach dem Virus durch. Dadurch wird bei weiteren 5 verstorbenen Personen festgestellt, dass sie das Virus in sich trugen. Ob der Tod dem Virus verschuldet bleibt, ist dabei ungewiss. Durch die Erhöhung des Zählers kommt es zur Überschätzung des wahren CFP-Wertes.

Wird jedoch zur selben Zeit auch die lebende Bevölkerung getestet, so sinkt der CFP-Wert wieder, da nicht nur die Zahl der infizierten Todesfälle steigt, sondern auch die Zahl der Gesamt-Infizierten.



Um einen Vergleich zwischen den Ländern zu ermöglichen, ist es daher sinnvoll, die Anteile der laboratorisch bestätigten Fälle miteinander zu vergleichen. Dennoch sind beide Indikatoren während einer Epidemie verzerrt, da zwischen dem Auftreten eines Falles und dem möglichen Todesfall eine gewissen Zeitspanne liegt, die nicht immer direkt ermittelt werden kann. Die Größe der Verzerrung hängt daher von Diagnose und Tod ab. Sie ist gering, wenn die Verzögerungszeit kurz ist; aber erheblich, wenn sie länger ist. Aus diesem Grund kann die Verwendung der Formel der verzögerungsadjustierten CFP von Russel et al. behilflich sein.

Die Verwendung des Verzögerungsadjustierten CFP-Indikators muss jedoch unter Vorsicht angewandt werden. Meldesysteme unterliegen in den meisten Fällen einer gewissen Verzögerung, welches auch beim Vergleich zwischen den Ländern beachtet werden muss. Des Weiteren ist der Indikator dadurch limitiert, dass er die Altersverteilung der Fälle innerhalb der unterschiedlichen Länder nicht beachtet.


Indikatoren basierend auf der Gesamtpopulation

Wird nun die Auswirkung einer Erkrankung auf die gesamte Bevölkerung betrachtet, so wird der Indikator der Mortalität betrachtet. Dieser gibt an, wie viele Todesfälle bezogen auf einen Zeitraum und Ort innerhalb einer Population auftreten. Da die Konstante die Dimension der Zeit beinhaltet, wird auch oft von einer Sterberate gesprochen.


Wenn keine definierte Zeitspanne evaluiert wurde, spricht man von einem Sterblichkeitsanteil (Mortality Proportion). Hier wird nur der Anteil an Todesfällen in einer bestimmten Population in einer Region berechnet. Im Vergleich zur CFP hat der Sterblichkeitsanteil den Vorteil, dass er sich auf einen bekannten Nenner, nämlich die Zahl der Gesamtbevölkerung, stützt.


Dies ist aber auch gleichzeitig der Hauptnachteil dieses Indikators. Während einer Epidemie bleibt der Nenner über die Zeit stabil, während die Zahl der Todesfälle in den frühen Phasen einer Epidemie ex-ponential ansteigt. Der Sterblichkeitsanteil hängt also stark davon ab, in welcher Phase der Epidemie sich die Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt befindet. Er ist daher kein geeigneter Indikator, um verschiedene Populationen während der frühen Phase einer Epidemie zu vergleichen, obwohl er äußerst hilfreich ist, um die kumulativen Auswirkungen der Epidemie auf eine Bevölkerung zu beurteilen, wenn die Epidemie vorbei ist. In den frühen Phasen einer Epidemie werden viele Indikatoren ohne Nenner (d.h. als absolute Zahlen) berichtet. Obwohl dies auf den ersten Blick seltsam erscheint, werden Fälle und Todesfälle in dieser frühen Phase durch die Eigenschaften des Infektionserregers und nicht durch die Größe der Bevölkerung bestimmt.


Zu guter Letzt gibt es noch die Letalität, oder auch „Tödlichkeit“ einer Krankheit. Sie unterscheidet sich von der CFP darin, dass bei Pandemien die Letalität schwerer zu ermitteln ist, da nicht die absolute Anzahl aller Erkrankten bekannt ist.




Literatur

Gianicolo, E., Riccetti, N., Blettner, M., & Karch, A. (2020). Epidemiological Measures in the Context of the COVID-19 Pandemic. Deutsches Ärzteblatt International, 117, 336-342.doi:10.3238/arztebl.2020.0336


Russell TW, J. H, Abbott S, Jarvis CI, van Zandvoort K, CMMID nCov working group, et al.: Using a delay-adjusted case fatality ratio to estimate under-reporting. CMMID 2020 (in press).

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