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Wie kommen die Nebenwirkungen von Arzneimitteln auf den Beipackzettel?

Bereits während klinischer Studien, also noch vor der Marktzulassung, wird kontinuierlich die Sicherheit eines Medikamentes überwacht und sicherheitsrelevante Daten gesammelt. Das bedeutet: alle auftretenden Symptome (man nennt das in der Fachsprache „unerwünschte Ereignisse“) werden dokumentiert und es wird bewertet, ob diese durch das untersuchte Arzneimittel verursacht sein könnten. Wird ein solcher Zusammenhang bestätigt, handelt es sich um eine Nebenwirkung des Medikamentes. Die gesamten klinischen Daten werden in ein sogenannten „Zulassungsdossier“ – das ist ein dickes Buch, in dem alle wichtigen Studienergebnisse zu dem Medikament aufgelistet sind - eingearbeitet und bei der Zulassungsbehörde zur Bewertung eingereicht.


Verantwortlich für die Angaben zur Arzneimittelsicherheit ist der Zulassungsinhaber, also der Hersteller des Arzneimittels. Verantwortlich für die Prüfung ist die Zulassungsbehörde. Fällt die Bewertung des Risiko-Nutzen-Verhältnisses (siehe Frage „Was sind klinische Studien und wie werden sie eingeteilt?“) positiv aus, erteilt die Behörde die Zulassung des Arzneimittels.


Die gesammelten Sicherheitsdaten aus klinischen Studien stellen somit die Grundlage für die Bewertung dar und werden dann in der sogenannten Fachinformation zusammengefasst. Die Fachinformation ist das „offizielle“ Dokument für Ärzt:innen und Apotheker:innen. Sie enthält eine tabellarische Auflistung aller Nebenwirkungen und deren Auftrittshäufigkeit. Da die Fachinformation sehr umfangreich ist und in „Fachsprache“ formuliert ist, ist sie für Laien eher ungeeignet. Aus diesem Grund gibt es zusätzlich noch die sogenannten Beipackzettel für Bürger:innen, die man in die Arzneimittelpackungen steckt. Die hier aufgeführten Nebenwirkungen basieren auf der Fachinformation (1,2).


Die Erfassung von Nebenwirkungen ist Teil der sogenannten Pharmakovigilanz (Arzneimittelsicherheit).


Die Wichtigkeit der Pharmakovigilanz kann durch den „Contergan®-Skandal“ verdeutlicht werden. Dabei handelte es sich um ein Schlaf- und Beruhigungsmittel, das den Wirkstoff Thalidomid enthielt. Ende der 1950er Jahre wurde es als wirksames Mittel gegen Morgenübelkeit entwickelt und die Werbekampagnen dadurch gezielt auf schwangere Frauen ausgerichtet. Eine unerkannte Nebenwirkung des Medikamentes betraf die Embryogenese, durch die es zu Fehlbildungen bei weltweit 10.000 Neugeborenen aufgrund der Einnahme von Contergan® innerhalb des ersten Schwangerschaftstrimesters kam. Das Medikament wurde daraufhin im Jahr 1961 vom Markt genommen (3).


Die Pharmakovigilanz endet allerdings nicht mit der Marktzulassung des Medikamentes, sondern wird auch darüber hinaus fortgeführt. Nebenwirkungen, die nach der Marktzulassung auftreten, müssen ebenfalls fortlaufend und systematisch dokumentiert und ausgewertet werden. Diese werden den Herstellern und Behörden über unterschiedliche Wege zugetragen.


Zum einen erfolgt die Meldung der Nebenwirkungen nach der Marktzulassung über das sogenannte „Spontanmeldesystem“. Hier können Patient:innen, Ärzt:innen und Apotheker:innen aufgetretene Nebenwirkungen aus Behandlungen dem Zulassungsinhaber und der Behörde (z. B. dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM) melden. Für Ärzt:innen und Apotheker:innen ist dies sogar verpflichtend. Die über das „Spontanmeldesystem“ berichteten Ereignisse werden auch „unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs)“ genannt (4).


.Auf der Homepage des BfArMs kann jeder Patient selbstständig Nebenwirkungen eines Arzneimittels direkt an die Behörde melden.


Weitere Wege, um das Sicherheitsprofils eines Arzneimittels nach der Marktzulassung nachzuverfolgen, sind Phase IV-Studien, Anwendungsbeobachtungen oder Unbedenklichkeitsstudien. Diese werden durch die Arzneimittelhersteller durchgeführt, um das Sicherheitsprofil ihres Produktes auf dem Markt unter Alltagsbedingungen zu beurteilen (5).


Durch die Meldungen von Nebenwirkungen nach Marktzulassung können ggf. auch seltenere Nebenwirkungen, die im Rahmen der klinischen Studien vor Marktzulassung nicht auftraten, festgestellt werden. Somit kann das Sicherheitsprofil des Arzneimittels ergänzt werden.


Aus den Studiendaten vor der Marktzulassung, aber auch aus den Meldungen von Nebenwirkung nach der Marktzulassung, ergibt sich also das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels. Durch die Pharmakovigilanz, also die fortlaufende Erhebung von wichtigen Sicherheitsdaten, wird die Fachinformation und letztlich eben auch die Liste der Nebenwirkungen auf dem Beipackzettel eines Medikamentes erstellt.


Quellen:

(1) European Commission, Enterprise and Industry Directorate-General, Consumer Goods Pharmaceuticals (September 2009). A Guideline on Summary Of Product Characteristics (SmPC)

(5) European Medicines Agency (October 2017). Guideline on Good Pharmacovigilance Practices (GVP). Module VIII – Post-authorisation safety studies

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